(Alle Photos: Pandora Republic)

BMW auf LSD? Oder was geschieht, wenn biedere deutsche Motorradbaukunst auf den verrückten Zeitgeist der 1970er Jahre trifft? Nunja, erstmal nicht so wahnsinnig viel, man stellt in München einen Designer ein, der das bisher allein von deutschen Ingenieuren definierte Erscheinungsbild der bayerischen Motorräder, die eigentlich im preussischen Berlin-Spandau montiert wurden, ein wenig aufpeppen soll, ohne die bewährte, um nicht zu schreiben: leicht angestaubte Motortechnik hinter und unter diesem Erscheinungsbild zu sehr zu derangieren. Und das hatte natürlichen seinen Grund, verzeichnete man Ende der 1960er Jahre lediglich 5.000 neuzugelassene Motorräder in Deutschland, versiebenfachte sich diese Zahl bis 1973. Ein Trend, der bereits in den 1940er Jahren im sonnigen Californien seinen zarten Anfang nahm, war endlich über den grossen Teich bis nach Europa gelangt, Motorräder waren jetzt kein günstiger Auto-Ersatz mehr für diejenigen, die sich kein Auto leisten konnten, sondern ein hippes Livestyle-Produkt vor allem für junge Menschen. Dass dieser Trend aus den USA solange brauchte, bis er endlich auch in Europa voll durchschlug, hatte weniger mit dem damaligen Nichtvorhandensein des Internets zu tun, als vielmehr mit der unterschiedlichen wirtschaftlichen Entwicklung, so waren die Durchschnittseinkommen in den USA höher, setzte die Massenmotorisierung bereits 1908 mit dem Ford Model T ein und war in den 1920er Jahren nahezu abgeschlossen, zudem hatte das Motorrad in den USA auch aufgrund der Dimensionen des Landes nie die Bedeutung als Nutzfahrzeug wie beispielsweise im Nachkriegsdeutschland. Wie auch immer, BMW hatte nun eine „neue“ Kundschaft und die sollte abgeholt werden, wenn man in München vom einsetzenden Motorrad-Boom in nennenswertem Umfang profitieren wollte. Bisher verfügte BMW eigentlich nur über ein Produkt im Programm, das als Sportmotorrad im neueren Sinne halbwegs durchgehen konnte, und das war die R 75/5, die 1969 das Licht der Motorradwelt erblickte. Allerdings waren Styling und Motorleistung nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit. Es war jetzt 1973 und die Ansprüche der Kundschaft hatten sich geändert. Die /6-Reihe, die in diesem Jahr vorgestellt wurde, hatte somit eine Art „Scharnierfunktion“ zwischen der alten Zeit der „Nutzmotrorräder“ und der neuen Zeit, in welcher das Motorrad zum Freizeit-Vehikel wurde und auch mehr und mehr zum Prestige-Objekt avancierte. BMW löste diese Aufgabe äusserst geschickt, indem man sich in München auf einen Spagat einliess. Man vertraute weiterhin auf die bewährte Technik der /5-Reihe, die man lediglich punktuell verbesserte. Gegen firmeninternen Widerstand wurde jedoch die Erhöhung des Hubraums auf 900 ccm durchgesetzt. Ein wichtiger Schritt, denn erst die verbesserten Motorleistungen der R90S, die jetzt an die Leistungen einer CB750 heranreichten, machten das moderne Design dieses Motorrades auch glaubwürdig. Der konservativen Kundschaft mutete man derlei „revolutionäres“ Design dann doch lieber nicht zu. Die Brot und Butter Motorräder der /6 Reihe in der 600er, 750er und 900er Klasse knüpften optisch etwas betulich an die /5 Reihe an, wenn die Lacksätze jetzt auch knalligere Farben trugen. So verkaufte BMW höchst unterschiedlichen Kundschaften eigentlich die gleiche Technik aus demselben Werkzeugkasten. Der Rest ist Geschichte, das Scharnier „funktionierte“, die /6 Reihe vereinte Tradition und Moderne von BMW, die R90S wurde ein grosser Erfolg, sie ist heute die „BMW Ikone“ schlechthin, und wies mit ihrem Design in die Zukunft der Marke.

Unsere R90S stöberten wir an einem Nachmittag im Oktober auf der Veterama auf, an dem es endlich mal nicht regnete. Sie war ein wenig „kastemeist“ und hatte zu viele Fehlteile. Normalerweise lässt man von so was die Finger, weil original BMW-Teile nunmal nicht für kleines Geld zu haben sind. Aber was soll’s, dachte ich mir, wir haben mittlerweile so einige BMWs geschlachtet, bringen wir BMW also ein Opfer und geben der Welt eine originale R90S zurück.

 

Arbeiten

Motor

Motor zerlegt, neu aufgebaut und neu abgedichtet.
Zylinderköpfe komplett überholt. Neue Ventile, Führungen, Federn etc.
Dell’Orto Vergaser gereinigt, teilweise neu bedüst und abgedichtet.
Krümmer neu, Schalldämpfer durch gut erhaltenen gebrauchten ersetzt.
Zylinder von Fachfirma auf 1. Übermass gehont. Mit dazugehörigen Kolben. Neue Motorelektrik mit elektronischer Zündung. Generator komplett getauscht.
Kupplung überholt mit neuer ölfester Reibscheibe.

Getriebe

Getriebe von Fachfirma überholt
Kreuzgelenk am Kardan ersetzt.

Fahrwerk

Rahmen gestrahlt und neu pulverbeschichtet. Räder neu eingespeicht. Bremsen vorne überholt, HBZ überholt und neu abgedichtet. Hintere Trommelbremse überholt (Neue Bremsbeläge, Federn etc.). Gabel überholt und neu abgedichtet.
Tank (Kein Nachbau) innen gereinigt und neu versiegelt. Lacksatz komplett neu lackiert. Handliniert.

Diverses

Teilweise Fahrzeugelektrik erneuert (Hauptkabelbaum war in unglaublich gutem Zustand, was ansonsten bei alten BMW-Zweiventilern eine Seltenheit ist), Blinker, neue Halbschale mit Windschutzscheibe, Rücklicht, Sattelbank etc. etc..

19.750,-